Der Regulateur

Regulateur. Foto: Deutsches Werkzeugmuseum Remscheid

Der Regulateur

September 2020

Unser „Objekt des Monats“ für September ist der sogenannte Regulateur. Hierbei handelt es sich um eine handgetriebene Bohrmaschine. 
Bereits die Menschen der Steinzeit führten Bohrungen in Stein aus. Ein mögliches Verfahren für eine Hohlbohrung war dabei die Verwendung eines Knochens, Bambus- oder Holunderasts – also von Materialien, die hohl sind. Im Querschnitt entsteht eine Kante, die Auflagefläche für das Schleifmittel, beispielsweise grobkörniger Sand, wird. Der hohle „Bohrer“ wird an einem Führungsstab befestigt und unter Druck gedrillt. Der Sand schleift einen Ring in den Stein und am Ende bleibt ein Zapfen in dem Hohlraum über. So könnte in eine steinzeitliche Axt ein Loch für den Schaft gebohrt worden sein.

Die Bohrtechnik hat sich immer weiterentwickelt. Unser Regulateur ist eine bedeutende Erfindung in dieser Entwicklungsgeschichte. Der Regulateur wurde 1904 von der Firma Arnz vorgestellt. Es handelt sich um eine Tischbohrmaschine, die sich die Fliehkraft zunutze macht. Die Kraft der Drehbewegung der Kugeln überträgt sich auf die Bohrspindel und drückt diese runter, wodurch ein selbstständiger Vorschub entsteht. Die Bohrleistung beträgt 6 Millimeter und die Bohrtiefe bis zu 80 Millimeter.

Diese Technik wurde früher schon bei Dampfmaschinen verwendet. Die Regulatoren steuern hier den Dampfzufluss. Wenn durch höheren Druck die Drehzahl steigt, schließt der Fliehkraftregler ein Ventil, wodurch die Dampfzufuhr reduziert wird und sich die Geschwindigkeit egalisiert und am Ende konstant bleibt.

Die Firma Flott, früher Arnz, feierte im Jahr 2019 ihr 165. Jubiläum und befindet sich bis heute in Familienbesitz. Das Objekt ist Teil der Sonderausstellung „FLOTT – Bohrmaschinen der Extraklasse“ im Deutschen Werkzeugmuseum der Stadt Remscheid, die noch bis 01. November 2020 zu sehen ist. Die Ausstellung zeigt die Geschichte der Bohrmaschinen anhand der traditionsreichen Firma Flott.

Annette Babetzki

Die gläsernen Schlüssel aus Venedig

Fünf der 16 noch erhaltenen Glasschlüssel vom Glaskünstler Gianni Toso, 1973. Foto: Karina Medić, Deutsches Schloss- und Beschlägemuseum Velbert

Die gläsernen Schlüssel aus Venedig

August 2020

Denkt man an Venedig, denkt man zuerst an prachtvolle Palazzi, azurblaue Kanäle und singende Gondolieri. Aber manch einer denkt vielleicht auch an die berühmten Glasbläser von der Insel Murano. Nicht nur ihr brandgefährlicher Beruf führte die Glasbläser 1295 aus Venedig auf die Insel. Hier galt es vor allem, das größte Geheimnis Venedigs zu schützen. Glashersteller waren gezwungen mit ihren Familien auf der Insel zu leben und durften sie nur mit einer Genehmigung verlassen. Verriet ein Glasbläser das Geheimnis der Glasherstellung, drohte ihm die Todesstrafe. 

Einer, der viele Jahrhunderte später die Insel verließ, um sein Wissen mit anderen Glaskünstlern zu teilen, war Maestro Gianni Toso. Seit bereits 700 Jahren war seine Familie im Glashandwerk tätig und schon im Alter von 10 Jahren wusste Gianni Toso, dass er in die Fußstapfen seiner Vorfahren treten will. Ohne Wissen und Erlaubnis seiner Eltern begann er in einer Glasfabrik zu arbeiten – für einen Dollar pro Woche bei einem 12-Stunden Tag. Mit 14 wurde er in die Abate Vincenzo Zanetti, die Kunstakademie Maestro d’Arte für Glasbläsermeister auf der Insel Murano, aufgenommen. Sieben Jahre lang lernte er nicht nur das Glasblasen, sondern auch Design, Kunstgeschichte und Malerei. Nebenbei arbeitete er bei den besten Maestros in zwölf verschiedenen Fabriken und lernte so in 14 Jahren die Geheimnisse der venezianischen Glasbläser kennen. 

Mit Mitte 20 verließ Toso die Fabriken und eröffnete ein eigenes kleines Studio im jüdischen Ghetto von Venedig. Hier begann er sich auf künstlerische Art mit dem Glasblasen auseinanderzusetzen. 1969 schuf er sein berühmtes gläsernes Schachspiel „Juden gegen Katholiken“, auf dem katholische Franziskanerpriester gegen chassidische Juden kämpften. Es gewann damit den ersten Preis in einer Ausstellung von Muranos Meisterglasbläsern und wurde kurz darauf von Salvador Dali beauftragt, eine Serie von zwölf surrealistischen Blumen des Malers in Glas herzustellen.

1972 wurde Gianni Toso als einziger Venezianer zum Internationalen Glassymposium im Museum Bellerive in Zürich eingeladen. Auch wenn zu dieser Zeit keine Glasbläser mehr wegen Geheimnisverrats hingerichtet wurden, war es für Toso doch eine schwere Entscheidung. Was konnte und durfte er mit ausländischen Glaskünstlern teilen? Er hatte immer gedacht, Glas sei ein Medium für das Handwerk, doch auf diesem Symposium wurde ihm klar, das auch das Glasblasen

eine Kunstform ist, die „eine Art ist, Menschen zum Nachdenken zu bewegen, einen Raum zu öffnen und Türen zu öffnen“.

Vielleicht war dieser Gedanke ausschlaggebend für das Schaffen unserer Objekte des Monats. 18 Schlüssel aus weißem Glas hat der Künstler 1973 geformt. Filigran, teilweise dünner als ein Zahnstocher und völlig ohne Zweck, außer dem einen, das Auge zu erfreuen. Warum und für wen die Schlüssel gefertigt wurden, ist nicht bekannt. Aus den Unterlagen des Deutschen Schloss- und Beschlägemuseums geht jedoch hervor, dass sie 1974 vom damaligen Vorsitzenden der

Förderungsgemeinschaft des Museums und Leiter der Schlüsselfabrik Berthold Neumann & Co. aus Essen-Heidhausen, Herrn van den Kerkhoff, von einem Kölner Kunsthaus erworben wurden. Erst kürzlich tauchten die Schlüssel – leider unvollständig und zum Teil beschädigt – bei einer Depotinventur im Zuge des Museumsumzugs zufällig wieder auf. Wie viele Jahre mögen diese kleinen gläsernen Schätze in ihrem Karton geschlummert haben?

Gianni Tosos Werke werden heute in Galerien und Privatsammlungen in den USA, Australien, Belgien, Deutschland, Israel und Japan ausgestellt. Um diesen außergewöhnlichen Künstler, der zu den besten Glasbläsern der Welt zählt, zu ehren, sollen die verbliebenen 16 Schlüssel nach der Eröffnung des neuen Deutschen Schloss- und Beschlägemuseums in einer besonderen Vitrine im Foyer des Neubaus für einige Zeit ausgestellt werden.

Karina Medić

Druckplatte „Das Mildtätige Hospital“, Hongkong, 1844

Druckplatte „Das Mildtätige Hospital“, Hongkong, 1844, Archiv- und Museumstiftung der VEM – Museum auf der Hardt, Wuppertal.

Druckplatte „Das Mildtätige Hospital“, Hongkong, 1844

Juli 2020

Die Druckplatte diente der Bekanntmachung der Eröffnung des ersten Krankenhauses nach Standards der westlichen Medizin auf dem Territorium der britischen Kolonie Hongkong. Die Kolonie war nicht lange zuvor gegründet worden und mit der Kolonialverwaltung kamen auch Missionare der London Missionary Society ins Land. In ihrem Auftrag übernahm der britische Arzt Benjamin Hobson die Einrichtung des neuen Hospitals auf einem der Hügel oberhalb der Stadt und leitete es in den ersten Jahren. Er verfasste sehr wahrscheinlich auch den in die Druckplatte geschnittenen Text.

Zwar gab es bereits vor der Eröffnung der Einrichtung Sanitätsschiffe in der Region, auf denen Europäer von europäischen oder amerikanischen Ärzten behandelt wurden. Das auf der Drucktafel als „mildtätiges Hospital“ bezeichnete Krankenhaus war jedoch die erste solche Einrichtung an Land, die darüber hinaus auch der chinesischen Bevölkerung uneingeschränkt offen stand. 

Dieser Umstand, wie auch der Vorläufer des Krankenhauses in Macao werden auf der rechten Seite des Informationsblatts verlautbart, das anhand der Druckform erstellt wurde. Außerdem erfährt der Leser, dass seit der Eröffnung 1843 „über 5000 Menschen (Männer, Frauen und Kinder) dort medizinische Hilfe erhielten“ und, dass diese ohne Ansehen der Person geleistet werde. Darüber hinaus würden all jene kostenfrei versorgt, die zu arm seien, um für ihren Aufenthalt im Hospital aufkommen zu können, heißt es weiter.

Insbesondere für die gerade in den Aufbaujahren der Kolonie in das Territorium strömenden, oft mittellosen Wanderarbeiter aus den angrenzenden chinesischen Provinzen, war eine solche Anlaufstelle für ihre gesundheitliche Versorgung attraktiv. Denn auch die Inanspruchnahme chinesischer Medizin war mit teils erheblichen Kosten verbunden. 

Auf der linken Seite der Druckplatte ist die Hausordnung zu lesen, an die sich Patienten und ihre Angehörigen zu halten hatten. Neben Verhaltensweisen wie sie auch heute jedes Krankenhaus von Patienten und Besuchern einfordert, tragen die letzten beiden dort zu lesenden Regeln dem damaligen Selbstverständnis einer solchen, von einer christlichen Missionsgesellschaft betriebenen Einrichtung Rechnung. Dort heißt es unter anderem: „Sie [Patienten und Angehörige] dürfen keine Götzen anbeten. Der diensthabende Arzt wünscht die Teilnahme aller Patienten an der Morgenandacht zu Ehren des einen wahren Gottes und seiner Botschaft der Wahrheit.“ Mit heutigen Leitlinien diakonischer oder caritativer Arbeit sind solche Forderungen nicht mehr vereinbar, doch sie zeigen, wie das Arbeitsfeld des missionsärztlichen Dienstes das Hauptanliegen der Missionsgesellschaften unterstützen sollte – die Verbreitung des Christentums.

Der Text auf der Druckplatte könnte letztlich auch von der Rheinischen Missionsgesellschaft aus Barmen als eine Art Blaupause für den Betrieb ihrer später in Ost- und Südostasien aufgebauten Krankenhäuser gedient haben. Historische Dokumente und Abbildungen solcher Einrichtungen, die Krankenhäuser in Tungkun und Pearadja, sind ebenso wie die Druckplatte in der aktuellen Sonderausstellung „Erst die Arbeit, dann die Mission“ zu sehen.

Christoph Schwab

Der Müllershammer aus Lindlar-Oberleppe

Ausstellung „Textile Wege“ im Müllershammer, Foto: Stefan Arendt / LVR-ZMB

Der Müllershammer aus Lindlar-Oberleppe

Juni 2020

Der Müllershammer aus Lindlar-Oberleppe wurde um 1800 als wasserbetriebenes Hammerwerk erbaut. Der Niedergang des metallverarbeitenden Gewerbes im Oberbergischen führte zu einem wiederholten Funktionswandel des Gebäudes. 1848 zunächst um eine Öl- und Knochenstampfmaschine erweitert, erlebte das Hammerwerk 1884 einen erneuten Nutzungswandel mit der Einrichtung einer Lumpenreißerei für die Textilindustrie. Aus den gerissenen Textilien entstand die sogenannte Kunst- oder Reißwolle. Naheliegende Spinnereien und Webereien fertigten daraus preiswerte Garne und Stoffe einfacher Qualität.

Mit der Anschaffung einer Dampfmaschine 1892 und dem Einbau einer Wasserturbine um 1905 erhöhte sich die Produktivität der Lumpenreißerei erheblich. Um 1900 arbeiteten bis zu 20 Personen – vor allem schlecht bezahlte Frauen und Jugendliche – in dem Betrieb. Bei der Lumpenaufbereitung handelt es sich um manuelle und chemische Prozesse, die für die Beschäftigten gesundheitsgefährdend waren. Auch die Umwelt litt unter diesen Verfahren. Innerhalb kurzer Zeit verwandelte sich die Leppe von einem klaren Gewässer in eine stinkende Kloake.

Mit Unterstützung des Vereins der Freunde und Förderer des Bergischen Freilichtmuseums Lindlar e.V. konnte das vom Einsturz bedrohte Gebäude im Museum wiederaufgebaut werden. Heute beherbergt der Müllershammer die Ausstellung „Textile Wege“, die sich mit der Verwertung von Altkleidern auseinandersetzt.

Der Müllershammer aus Lindlar-Oberleppe
Der Müllershammer im LVR-Freilichtmuseum Lindlar, Foto: Stefan Arendt / LVR-ZMB

Die Ausstellung thematisiert die vielfältigen Verarbeitungswege aussortierter Textilien von 1890 bis in die Gegenwart. Dabei spielen nicht nur die unterschiedlichen Formen des textilen Recyclings eine Rolle, sondern auch der Umgang mit unseren Ressourcen. Schon lange tragen wir keine Kleidung mehr auf; Flicken, Stopfen und Umnähen sind weitestgehend in Vergessenheit geratene Praktiken. Was beschädigt ist, nicht mehr passt, nicht mehr gefällt oder nicht
mehr der Mode entspricht, wird aussortiert.

Die Menge der jährlich in Deutschland zu recycelnden Textilien beträgt so rund 750.000 Tonnen. Damit sind die Deutschen europäischer Spitzenreiter. Die Ausstellung soll daher auch zum Nachdenken über den eigenen Umgang mit Textilien anregen.

Kleiner Tipp: Unter dem Begriff Upcycling lassen sich viele Ideen und Anleitungen zum kreativen Wiederverwerten und Aufarbeiten von aussortierter Kleidung finden.

Marie Kramm

Goldener Schlüssel für das Bundeskanzleramt, 1977

Nachbildung des goldenen Schlüssels für das damalige Bundeskanzleramt. Foto: Thomas Schultze

Goldener Schlüssel für das Bundeskanzleramt, 1977

Mai 2020

Die Sammlung des Deutschen Schloss- und Beschlägemuseums in Velbert bietet allerlei interessante und spannende Objekte, die zeigen, wie weit verstreut in der Welt die Schlüssel und Schlösser aus Velbert zu finden sind und an welchen besonderen Orten sie zum Einsatz kommen. Im Jahre 1976 schaffte es ein Schlüssel aus Velbert sogar in das damalige Bundeskanzleramt nach Bonn!


Ende der 1960er Jahre beschloss das Bundeskabinett aufgrund akuten Platzmangels, das Bundeskanzleramt im Palais Schaumburg zugunsten eines Neubaus aufzugeben. Das neue Gebäude im Bonner Ortsteil Gronau war von 1976 bis 1999 Sitz des Bundeskanzleramtes. Dieser Neubau wurde mit Schlössern der Velberter Firma BKS ausgerüstet. Die BKS GmbH wurde 1903 gegründet und fertigt auch heute noch mechanische und elektronische Schließzylinder, Schlösser und Schließsysteme sowie Panikschlösser für Flucht- und Rettungswege und Fluchttürsicherungen.
BKS hatte aber nicht nur das Bundeskanzleramt bestückt, sondern gemeinsam mit dem Goldschmiedemeister H. Leifels aus Velbert auch den goldenen Generalhauptschlüssel gefertigt. Der Schlüssel zeigt auf einer großen rechteckigen Reide den Bundesadler und die Aufschrift „Bundeskanzleramt“. Das Foto zeigt Bundeskanzler Helmut Schmidt bei der Übergabe des goldenen BKS-Generalhauptschlüssels für das neue Bundeskanzleramt durch Bundesbauminister Karl Ravens. Schmidt soll begeistert gesagt haben: „So einen schönen Schlüssel habe ich noch nicht gehabt!“
Der goldene Schlüssel aus unserer Sammlung wurde nur ein Jahr später hergestellt. Es handelt sich um eine originalgetreue Nachbildung, allerdings wurden die Profilierung und Einschnitte des Schlüssels aus Sicherheitsgründen geändert. 

Bundeskanzler Helmut Schmidt und Bundesbauminister Ravens bei der Schlüsselübergabe im Frühjahr 1976
Bundeskanzler Helmut Schmidt und Bundesbauminister Ravens bei der Schlüsselübergabe im Frühjahr 1976. Foto: Deutsches Schloss- und Beschlägemuseum

Leider können Sie den goldenen Schlüssel derzeit nicht bestaunen, denn das Deutsche Schloss- und Beschlägemuseum ist umzugsbedingt geschlossen. Allerdings werden wir ihn nach der Wiedereröffnung in unserer Quartalsvitrine im Foyer des Museums zeigen, in der regelmäßig besondere und spannende Objekte aus unserer Sammlung ausgestellt werden.

Dr. Yvonne Gönster

Hahn‘s Zitsch und Keppels Büdchen

Keppels Büdchen vor dem Rathaus, Bergisch Gladbach, um 1930. Foto: Bergisches Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe

Hahn‘s Zitsch und Keppels Büdchen

April 2020

Im Bergisch Gladbach der Nachkriegszeit war Hahn’s Zitsch ein bekannter Markenname. Angepriesen als „Brauselimonade“ mit „mindestens 7 Prozent bestem Zucker“ wurde die Limo vermutlich bereits in den 1920er Jahren in Bergisch Gladbach produziert.

Für die Sonderausstellung „MittagsPause! Über die Auszeit vom Arbeiten“ hat Hans Dieter Sciagala dem Bergischen Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe die bauchige Glasflasche geliehen. Er erforschte auch die Geschichte der Getränkefabrik.

Diese Flasche stammt laut Etikett aus der Produktion von Walter Hahn. Walter war der Sohn des Firmengründers Carl, der 1903 ein Mineralwasser-Geschäft übernahm. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute Walter das komplett zerstörte Firmen- und Wohngebäude der Familie am Refrather Weg 2 wieder auf. Und produzierte wieder Hahn’s Zitsch.

Hahn‘s Zitsch und Keppels Büdchen
Flasche Hahn’s Zitsch. Foto: Jo Wittwer

Neben vielen Gaststätten in der Stadt und im näheren Umland vertrieb auch Keppels Büdchen die Limonade. Der Kiosk am heutigen Konrad-Adenauer-Platz im Herzen Bergisch Gladbachs hieß so nach seinem Betreiber Peter Keppel. Im Stadtarchiv Bergisch Gladbach finden sich Fotos aus den 1950er Jahren, die das Büdchen mit Werbung für das beliebte Getränk zeigen. Das Foto des Büdchens aus den Sammlungen des Museums dagegen hat keine Werbung. Vermutlich stammt es aus der Zeit um 1930.
Mit Sicherheit gehörte auch Hahn‘s Zitsch zur damaligen Pausenkost dazu. In der Ausstellung im Bergischen Museum, die noch bis zum 11. Oktober 2020 zu sehen sein wird, steht sie sinnbildlich für das Entstehen der modernen Getränkeindustrie. In Glasflaschen abgefüllt, eroberten Mineralwasser und Limonaden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unsere Pausen. Sie verdrängten nach und nach Brunnenwasser und Bier als Erfrischungsgetränke. Nur der Kaffee, von dem die Nachmittagspause ihren Namen hat, wurde noch allgegenwärtiger. 


Sandra Brauer

Brutapparat für Hühnereier, um 1930Brutapparat für Hühnereier, um 1930

Foto: Brutapparat für Hühnereier, LVR-Freilichtmuseum Lindlar, Suzy Coppens, Bergerhof Studios

Brutapparat für Hühnereier, um 1930

März 2020

Der elektrisch betriebene Brutapparat bietet Platz für etwa 30 Hühnereier und ermöglicht das Ausbrüten ohne die Hilfe der Glucken. Durch eine verstellbare Drehscheibe kann die Temperatur im Inneren des Geräts eingestellt werden. Da die Apparate das Klima für eine erfolgreiche Ausbrütung nicht exakt halten konnten, mussten die Eier regelmäßig von Hand gewendet werden.


Die Aufzucht des Geflügels und damit die Betreuung der Brutapparate zählte in den 1920er Jahren zu den klassischen Frauentätigkeiten auf dem Land. In Folge wiederholter Missernten forderten regionale Behörden ab 1925 eine Intensivierung der Geflügelhaltung, um Frauen ein zusätzliches Einkommen – das Eiergeld – zu ermöglichen.

Die anfallenden Kosten für einen Ausbau der Geflügelzucht konnten sich jedoch nur die wenigsten Betriebe leisten. Ein großer Anteil der Frauen, die sich mit der Geflügelhaltung beschäftigten, hielten meist nur so viel Geflügel, dass es für den Eigenbedarf reichte.
Der Brutapparat ist Teil der neuen Ausstellung: Land – Frauen – Arbeit in der Weimarer Republik, die ab dem 10. März bis zum 31. Dezember 2020 im LVR-Freilichtmuseum Lindlar zu sehen ist. Die Ausstellung gibt Einblicke in das Alltagsleben und die Arbeitsbereiche von Frauen im Bergischen Land in den 1920er Jahren. Neben dem neu erlangten Frauenwahlrecht, neuen Freizeitaktivitäten und Bildungschancen, beschäftigt sich die Ausstellung mit unterschiedlichen Berufsfeldern, in denen Frauen zu dieser Zeit tätig waren. 

Viola Mautsch

Ansicht vom „Mäuerchen“, Elberfeld, 1860

Foto: Historisches Zentrum Wuppertal

Ansicht vom „Mäuerchen“, Elberfeld, 1860

Februar 2020

Die Aufnahme zeigt eine Ansicht vom „Mäuerchen“ in Elberfeld mit einem Teil der Schlossbleiche im Vordergrund aus dem Jahre 1860 zu einer Zeit, als es die Schwebebahn über der Wupper noch nicht gab. 

Auf der linken Wupperseite steht das Gebäude der Manufaktur Johann Simons Erben, einem Betreiber für mechanische Webstühle. Johann Simons (1735-1789), der aus dem Raum Krefeld nach Elberfeld gekommen war, hatte die Firma um 1760 gegründet. Um 1875 war sie mit 710 Beschäftigten die größte Firma im Tal. Um 1900 erwarb die Stadt Elberfeld das Fabrikgelände. Hier entstand unter anderem das 1906 eröffnete Thalia-Theater und die Industrie- und Handelskammer.

Die etwa in der Bildmitte erkennbare Simonssche Brücke über die Wupper zum Islandufer entspricht in etwa dem heutigen Bismarcksteg. Im Hintergrund sind die Türme der St. Laurentiuskirche erkennbar, der ersten katholischen Kirche in Elberfeld nach der Reformation, die von 1828 bis 1832 am Laurentiusplatz im Luisenviertel erbaut wurde.

 
Diese und viele andere Geschichten erzählt die Sonderausstellung des Historischen Zentrums Wuppertal „Friedrich Engels – Ein Gespenst geht um in Europa„, zu sehen vom 29. März bis 20. September 2020 in der Kunsthalle Barmen. 

Aufnahme von 1887

Foto: Schlossbauverein

Aufnahme von 1887

Januar 2020

Das Objekt des Monats Januar 2020 ist eine Reproduktion von einer der ältesten Glasplatten aus dem Bestand des Museums Schloss Burg.

Die Aufnahme wurde im Jahr 1887 und damit kurz vor der Gründung des Schlossbauvereins erstellt. Sie zeigt eine Familie im Innenhof des Schlosses. Noch haben keine Restaurierungsarbeiten am Schloss begonnen. Am rechten Bildrand erkennt man schemenhaft die Fundamente des Bergfrieds, am linken Bildrand die ruinösen Außenmauern des Saalbaus. In der Bildmitte das stark geschädigte Torhaus mit Wehrmauer und dem sogenannten Diebsturm.

Die wesentliche Aussage des Bildes ist aber, dass selbst die Ruine des Schlosses Besucher nach Burg zog. Die Personen haben sich fein gekleidet und man kann sich gut vorstellen, dass die Aufnahme im Rahmen eines Sonntagsausfluges entstanden ist.
 
Gregor Ahlmann

Das Objekt ist Teil der Sonderausstellung „Burg und das Gastgewerbe“, 23. Januar bis 19. April 2020.

Zunftkanne

Foto: Trägerverein Niederbergisches Museum Wülfrath e.V.

Zunftkanne

Dezember 2019

Die Zunftkanne ist ein zylindrisches oder konisches Schankgefäß, das bei Zunft- und Ratsversammlungen Verwendung fand. Bei Lossprechungs-Feiern nahmen die Lehrlinge daraus ihren ersten Gesellentrunk.

Die Zünfte waren Berufsvereinigungen, die sich im Mittelalter in großen Städten gründeten. Die erste Zunft der Zinngießer wird im 13. Jahrhundert in Nürnberg erwähnt. Sie legte die Anzahl der Meisterbetriebe fest und sorgte somit für das nötige Auskommen der Werkstätten. Darüber hinaus wachte sie über die Legierungen, über Ausbildungs- und Prüfungsordnungen und über die Zeremonien der Gesellen- und Meisterfeiern.

Lehrling konnte nur der werden, der „ehrlich und fromm“ war und dessen Vater einen „ehrenwerten“ Beruf hatte. Die Lehrzeit dauerte drei bis sechs Jahre. Konnte von der Familie ein Lehrgeld entrichtet werden, verringerte sich die Lehrzeit um ein bis zwei Jahre. Nachdem der Lehrling die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und sein Gesellenstück zur Zufriedenheit des Meisters hergestellt hatte, bat er vor der Zunfttruhe, die für die anschließenden Wanderjahre bereitstand, um Lossprechung. Daran schloss sich ein großzügiger Umtrunk der Zunftversammlung an, für den der Junggeselle selbst zu sorgen hatte.

Christa Hoffmann

Museum und Forum Schloss Homburg

Foto: Oliver Kolken

Musikautomat, um 1890

November 2019

Die Polyphon-Musikwerke AG in Wahren bei Leipzig wurde 1889 gegründet und stellte zahlreiche Musikautomaten in unterschiedlichen Größen her. Dabei handelt es sich um Blechplatten-Spieldosen, die erstmals 1886 mit auswechselbaren Platten, zunächst noch aus Karton, erschienen. Bereits im Folgejahr kamen die deutlich widerstandsfähigeren Platten aus Metall auf den Markt. Sie waren relativ preiswert und ermöglichten es, ein Repertoire an Musikstücken vorrätig zu halten.


Größere Blechplattenspieldosen wurden gern für gewerbliche Zwecke genutzt. So wurden sie beispielsweise in Gaststätten oder Wartesälen aufgestellt, wo sie für einen geringen Obolus Unterhaltungsmusik spielten. Sie können damit aus Vorläufer der Jukebox angesehen werden. Auch das in der Sammlung befindliche Polyphon aus der Zeit vom Ende des 19. Jahrhunderts verfügt über einen Einwurfschlitz für 5-Pfennig-Stücke. 

Dieser Musikautomat wurde im Rahmen der Kabinett-Ausstellung „Verborgene Schätze. Exponate aus der Museumssammlung“ (29. Juli bis 12. November 2017) im White Cube im Museum und Forum Schloss Homburg präsentiert. Aktuell befindet er sich wieder im Depot der kulturhistorischen Sammlungen.

Silke Engel

Kalkhammer

Foto: Zeittunnel Wülfrath

Kalkhammer

Oktober 2019

Der Hammer wurde im Kalksteinbruch eingesetzt, um die großen Kalksteine – die Knäpper, die nach der Sprengung das sogenannte  „Haufwerk“ bildeten – zu zerschlagen. In der Zeit vor dem Presslufthammer mussten die großen Steine, die nicht in die Loren zum Abtransport getragen werden konnten, mit so einem Hammer zerteilt werden.

Dieser Hammer gehörte Helmut Müller, der nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Moselregion nach Wülfrath kam und in den Kalksteinbrüchen arbeitete, weil zu der Zeit noch viel Handarbeit gebraucht wurde. Er hat noch vor einigen Jahren auf dem „Klopfplatz“ am Zeittunnel Wülfrath für die Kinder einen großen Kalkstein mit drei Schlägen zerteilt, so dass er hätte aufgeladen werden können. Der Hammer wiegt 10,2 kg und eine Schicht dauerte ca. 10 Stunden. Im Original hat er einen Haselstiel – damit vibrierte der Stiel und nicht die Arme, denn sonst hätten die Arbeiter die Schicht nicht durchgehalten.


Jetzt steht der Hammer in der neuen Dauerausstellung im Zeittunnel Wülfrath, der zum stillgelegten Steinbruch „Bochumer Bruch“ führt und durch den die Loren mit dem Kalkstein zur Weiterverarbeitung transportiert wurden.
  

Andrea Gellert