Objekt des Monats

Krahnenkannen aus Porzellan und Zinn, Niederbergisches Museum Wülfrath, Uli Erbach

Krahnenkannen aus Porzellan und Zinn, Niederbergisches Museum Wülfrath, Uli Erbach

Krahnenkanne aus Porzellan

Juni 2023

Auf den Leibgürtel für Frauen der Insel Enggano folgt die Krahnenkanne aus Porzellan als Objekt des Monats Juni. Beide Objekte thematisieren frühe Handelsbeziehungen. Sie fügen sich somit nahtlos in das Motto unseres Themenjahres 2023 „Alles in Verbindung“ ein.

Der Ursprung, den man der Krahnenkanne nachsagt, führt uns nach Japan. Es soll um das Jahr 1700 gewesen sein, als der Matrose Piet Griet aus den Niederlanden mit dem Handelsschiff in Japan anlegte.
Auf seinen Landgängen sah er das erste Mal eine „Krahnenkanne“ aus Porzellan. Er war begeistert und kaufte sie, um sie mit nach Hause zu nehmen. Doch wie es das Schicksal so wollte, zerbrach die Kanne auf dem Transportweg in vier Teile.
Der Matrose war von den Vorzügen seiner Kanne so überzeugt, dass er einen Zinngießer suchte und ihn auch fand. Dieser goss ihm mit Hilfe der vier verbliebenen Porzellanteile seine Kanne in Zinn nach.
Damit löste er einen wahren Exportschlager aus, der im Bergischen Land zu einer langjährigen Zinngießer-Tradition führte. Die Zinnkanne in barocker Form, liebevoll „Dröppelmina“ genannt, war in vielen Bergischen Haushalten zu finden. Sie zierte den festlich gedeckten Tisch zur Bergischen Kaffeetafel oder zum sonntäglichen „Koffendrenken“.

Bei den Bergischen Kaffeetafeln, die man heute im Niederbergischen Museum Wülfrath erleben kann, sind aktuell neun Dröppelminas in Gebrauch und live in Aktion zu erleben. In der Dauerausstellung werden 22 Krahnenkannen aus Zinn, Kupfer und Messing präsentiert.

Christa Hoffmann, Niederbergisches Museum Wülfrath

Der Kaffee nicht nur für den Matrosen Piet Griet musste importiert und somit auf dem Seeweg nach Europa und Deutschland gebracht werden. Erst nach einem langen beschwerlichen Weg konnte dieser dann in gehobenen Kreisen genossen werden. Auch andere Waren wurden schon sehr früh weltweit verhandelt, was das nächste Objekt des Monats symbolisieren wird. Es führte auch zu einem besonderen Namen für eine Stadt des Bergischen Landes. Seien Sie gespannt!

Leibgürtel, Enggano, Archiv- und Museumsstiftung der VEM

Leibgürtel, Enggano, Archiv- und Museumsstiftung der VEM

Leibgürtel für Frauen (Insel Enggano, Indonesien, 19. oder Anfang 20. Jahrhundert)

Mai 2023

Dem Foto der „Erzengel“ im vergangenen Monat schließt sich in unserer Reihe „Objekt des Monats“ nun ein Kleidungsstück an, das Frauen auf der Insel Enggano vor der Küste Sumatras trugen. Es war in etwa in der gleichen Zeit Teil ihrer Ausstattung, in der die jungen Frauen des Bergischen Landes in den Erzbergwerken arbeiteten. Letztere konnten sich bei der Handscheidung von erzhaltigem Gestein und Schutt ein Einkommen erwirtschaften. Dagegen mussten sich die Trägerinnen eines solchen Rocks auf Enggano einen derartigen Akt der Emanzipation nicht erst erarbeiten. Hier können Sie erfahren, warum es so war.

Mit etwa 400 km² Fläche ist Enggano nicht einmal halb so groß wie das Stadtgebiet von Berlin. Die Insel war bis ins 19 Jahrhundert abseits der wichtigen Seehandelsrouten gelegen und lange Zeit vergleichsweise isoliert. Nichts desto trotz verfügt sie über ein reiches kulturelles Erbe.
Die Menschen auf Enggano leiteten ihre Herkunft ursprünglich von drei Frauen ab, die ausgesandt waren, um die verschiedenen Verwandtschaftsgruppen (suku) auf der Insel zu begründen. Aus diesem Gründungsmythos ergab sich eine matrilineare Sozialstruktur, d.h.: es waren in der Regel die Frauen, die die suku führten und ihren Besitz von Land, Häusern und Booten an die Töchter vererbten. Die Überlieferungen der kulturellen Praxis auf Enggano sind allerdings vergleichsweise lückenhaft und vage. Als gesichert kann aber gelten, dass die Gürtel von den Frauen bei der Ausrichtung der für die Gemeinschaft wichtigen Erntefeste (eakalea) getragen wurden. Vermutlich unterstrichen sie auch eine bestimmte rituelle Funktion, die ihre Trägerinnen aufgrund ihrer herausgehobenen Stellung im Familienverband innehatten.

Der ästhetische Reiz des Gürtels macht sich in besonderer Weise an den mehrere Tausend zählenden dunkelroten Glasperlen fest, die ihre Trägerin schmückten. Die Perlen wurden auf je ca. 20 cm lange Schnüre aufgereiht, die in ein Band aus fein geflochtenem Rotang eingebunden sind. Hergestellt wurden die Perlen aber weder auf der Insel selbst, noch auf dem gesamten malaiischen Archipel (heute Indonesien und Malaysia) zu dem die Insel gehört.

Woher kamen diese Perlen? Bricht einer der etwa Stecknadelkopf großen Glaskörper, so lässt sich eine innen um das Loch laufende, weiß gefärbte Wandung erkennen. Gelegentlich wird sie als ‚weißes Herz‘ bezeichnet. Die Perlen selbst werden Überfangperlen genannt. Sie wurden ursprünglich in Venedig gefertigt. Ihre Herstellung war zunächst sehr aufwendig. Doch über den Export und die Entwicklung neuer Fertigungstechniken in den Niederlanden und Böhmen im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts fanden Hackperlen, wie sie auch genannt wurden, eine weltweite Verbreitung. So fanden die aus einem zweischichtigen, gezogenen Glasröhrchen ‚gehackten‘ Perlen schließlich ihre (Handels-)Wege bis nach Südostasien.
Da die Menschen auf Enggano aus der Perspektive arabischer, indischer, europäischer und malaiischer Händler wenig von Tauschwert zu bieten hatten, wurden die Perlen in den meisten Fällen nicht direkt von den Handelsschiffen erworben. Stattdessen gab es einen regen Zwischenhandel. Er erfolgte meist über die größeren Inseln Sulawesi und Sumatra. Gerade dieser Umstand war es, der die Perlen auf Enggano umso wertvoller und für ihre Trägerinnen sicher auch umso mehr zum Symbol ihrer herausgehobenen gesellschaftlichen Stellung machte.

Aus Barmen im Tal der Wupper entsandte Missionare und Missionarinnen der Rheinischen Missionsgesellschaft kamen ab 1901 auf die Insel Enggano. Der Leibgürtel kam im Rahmen dieser Missionsarbeit in das Bergische Land nach Wuppertal. Dort ist er heute in der Dauerausstellung des Museums auf der Hardt zu sehen.

Nicht zuletzt kann der Gürtel aber auch für das Motto des aktuellen Themenjahrs des Netzwerks der Bergischen Museen „Alles in Verbindung“ stehen. Denn er wirft nicht nur ein Schlaglicht auf frühe Handelsbeziehungen in einer globalisierten Welt. Er zeigt vielmehr auch Verbindungslinien zwischen dem Leben und gesellschaftlichen Status von Frauen auf, die an entgegengesetzten Enden der Welt, zur selben Zeit unter ganz verschiedenen Bedingungen lebten und wirkten.

Christoph Schwab, Museum auf der Hardt der Archiv- und Museumsstiftung der VEM

Um Welthandel und Statussymbole, die vor allem Frauen zu schätzen wussten, wird es auch bei dem Objekt des kommenden Monats gehen, das uns in das Niederbergische Museum Wülfrath führt. Es ist ein Objekt, das in vielen Bergischen Haushalten zu finden war. Um so verblüffender ist es, dass man ihm eine ursprüngliche Verbindung zu Japan nachsagt. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie im Juni.

Frauen am rotierenden Erzlesetisch, um 1900. Foto Bergisches Museum

Frauen am rotierenden Erzlesetisch, um 1900. Foto Bergisches Museum

Foto von „Erzengeln“ in der Erzaufbereitung der Grube Berzelius, um 1900

April 2023

Im März führte das LVR-Freilichtmuseum Lindlar unsere Reihe mit dem Ehevertrag von Caroline Ohlig weiter, die im Jahr 1849 nach Lindscheid bei Nümbrecht im Oberbergischen zog. Der Vertrag dokumentiert ihre umfangreiche Aussteuer, die sie mit in die Ehe brachte. Ungefähr zur gleichen Zeit, im Jahr 1854, wurde im Dorf Herkenrath bei Bensberg die Grube Berzelius aufgemacht, die Blei- und Zinkerze förderte. Der Betrieb sollte auch das Leben der Dorfbewohnerinnen maßgeblich prägen.

Wer durch den Besucherstollen im Keller des Bergischen Museums am Bensberger Burggraben geht, trifft am Ende des Rundgangs auf einen Großdruck dieses Fotos. Aufgetaucht aus der Arbeitswelt unter Tage, die ausschließlich Männern vorbehalten war, erscheint es überraschend, junge Frauen in karierten Kleidern mit hellen Schürzen und hochgesteckten Haaren inmitten des Grubenbetriebs zu sehen.

Die Aufgabe der Arbeiterinnen war es, die frisch geförderten Gesteinsbrocken per Hand vor zu sortieren: Auf dem Foto ist zu sehen, wie sie an runden Erzlesetischen stehen. Diese Tische drehten sich, so dass sie wie an einem Fließband das wertvolle, erzhaltige Gestein in verschiedenen Qualitätsstufen von nutzlosen Brocken und nicht verwertbaren anderen Erzen trennen konnten. Das erzhaltige Gestein wurde dann in mehreren Stufen weiterverarbeitet, so dass am Ende kleinste, reine Körnchen an Bleiglanz und Zinkblende übrigblieben.

Die Arbeit der jungen Frauen, die im Volksmund „Erzengel“ genannt wurden, erscheint uns heute als monoton und körperlich anstrengend. Neben ihnen wurden auch Lehrlinge sowie durch Krankheit oder Verletzungen arbeitsunfähige Bergmänner für diese sogenannte Handscheidung eingesetzt.

Wie in Caroline Ohligs Lindscheid war Herkenrath bis zu Beginn der intensiven Bergbautätigkeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts ländlich geprägt. Die Menschen lebten von der Landwirtschaft oder übten ein Handwerk aus. Die Gruben boten jedoch einen verlässlicheren und besseren Verdienst als die kargen Äcker des Bergischen; viele Männer – und auch Frauen – zog es daher in den Bergbau, um ihren Lebensunterhalt aufzubessern.

Eine derart üppige Aussteuer wie Caroline Ohlig wird dennoch wohl keine der abgebildeten Erzengel zu bieten gehabt haben. Oft blieb den jungen Frauen auch gar nichts anderes übrig, als an die Lesetische zu gehen: das Durchschnittsalter der Bergleute in Herkenrath, die zwischen 1900 und 1915 verstorben sind, lag bei knapp 39 Jahren. Als Erzengel sorgten die Witwen und Töchter für das Familieneinkommen.

Laura Oehms, Bergisches Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe, Bergisch Gladbach

Im kommenden Monat stellen wir einen Leibgürtel für Frauen aus der Sammlung des Museums auf der Hardt der Archiv- und Museumsstiftung der VEM in Wuppertal vor. Auch die Trägerinnen solcher Gürtel können beispielhaft für das Leben von Frauen in derselben Epoche wie jene der Bensberger „Erzengel“ stehen. Begegnen konnten sie den jungen Frauen aus dem Bergischen Land damals allerdings nicht, denn die Gürtel wurden von Frauen getragen, die sprichwörtlich „an einem anderen Ende der Welt“ auf einer indonesischen Insel am Rand des Indischen Ozeans lebten. Und auch ihre gesellschaftliche Stellung war eine ganz andere, als die der „Erzengel“ in Bensberg.

Der Besucherstollen im Bergischen Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe. Foto: Bettina Vormstein
Der Besucherstollen im Bergischen Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe. Foto: Bettina Vormstein
Ehevertrag zwischen J.H. Ohlig und Caroline Westhoff vom 10. Juli 1849, LVR-Freilichtmuseum Lindlar (Ausschnitt)

Ehevertrag zwischen J.H. Ohlig und Caroline Westhoff vom 10. Juli 1849, LVR-Freilichtmuseum Lindlar (Ausschnitt)

Ehevertrag von 1849

März 2023

Im Januar startete das Schloss- und Beschlägemuseum in Velbert die Reihe „Objekt des Monats“ mit einem symbolischen Schlüssel, der uns im Februar zu einer Truhe aus dem Museum und Forum Schloss Homburg führte.

Eine Truhe mit Schlüssel wird auch für Caroline Ohlig geb. Westhoff eine große Rolle gespielt haben, als sie 1849 aus Rosbach an der Sieg in den kleinen Ort Lindscheid bei Nümbrecht zog. Wahrscheinlich bewahrte sie darin einen Teil ihrer umfangreichen Aussteuer auf. Im Objekt des Monats März, dem Ehevertrag zwischen Caroline Ohlig und ihrem Ehemann Johann Heinrich Ohlig, können wir nachlesen, was die junge Frau alles mit in die neue Heimat brachte.

Insgesamt führt der Ehevertrag 55 verschiedene Posten auf. Dabei handelte es sich um 280 Kleidungsstücke (darunter elf Kleider und zwanzig Schürzen), 146 Teile Tisch- und Bettwäsche sowie diverse Haushaltsgegenstände, Bücher und Möbel. Auch ein vergoldetes Kaffeeservice und Goldschmuck im Wert von 25 Thalern gehörten dazu.

Die Auflistung zeigt, wie wohlhabend Caroline Westhoff war. Insgesamt schätzte der Notar ihr Vermögen auf 550 Thaler. Dies war etwa der Preis von zehn Kühen. Zum Vergleich: Eine Magd oder ein Knecht in der Landwirtschaft verdienten ca. 25 bis 35 Thaler im Jahr (bei freier Kost und Unterbringung), ein Lehrer an der Schule erhielt ein Jahresgehalt von 130 Thalern.

Einen Ehevertrag abzuschließen war im 19. Jahrhundert (noch) nicht üblich. Er diente der jungen Frau zur Absicherung, damit sie im Fall einer Auflösung der Ehe ihr großes Vermögen behalten konnte. Bei ihrem Ehemann handelte es sich nämlich nicht um einen reichen Großgrundbesitzer, sondern um einen Uhrmacher mit kleiner Landwirtschaft, dessen erste Ehefrau und Mutter seiner Kinder verstorben war.

Es ist ein glücklicher Umstand, dass der Ehevertrag erhalten geblieben ist. Allein die Auswertung der Inventarliste ermöglicht heute viele interessante Einblicke in das damalige tägliche Leben einer Frau.

Eine Abschrift des Ehevertrages zeigt das LVR-Freilichtmuseum Lindlar im Haus Lindscheid. Hier lebte Caroline Ohlig nach ihrer Hochzeit bis zu ihrem Tod im Jahr 1905. Die Ausstellung gibt zudem einen spannenden Einblick in das Leben der Familie Ohlig, das Handwerk des Uhrmachers und die Alltags- und Sozialgeschichte im Oberbergischen Land im 19. Jahrhundert. Von den im Ehevertrag genannten Gegenständen ist leider nichts im Original erhalten geblieben. Die in der Ausstellung gezeigte Ausstattung der Räumlichkeiten und die Textilien im Kleiderschrank stammen aus der Sammlung des Museums.

Petra Dittmar, LVR-Freilichtmuseum Lindlar

Im nächsten Monat stellen wir ein Foto aus der Sammlung des Bergischen Museums für Bergbau, Handwerk und Gewerbe in Bergisch Gladbach vor. Dieses zeigt junge Frauen, die gar nicht so weit entfernt von Caroline Ohlig in Lindscheid in einem der vielen Bergbaubetriebe des Bensberger Erzreviers als sogenannte „Erzengel“ arbeiteten. Wir fragen uns, ob ihre Lebensumstände in einem ähnlichen Ehevertrag abgebildet worden wären.

Kastentruhe, Museum und Forum Schloss Homburg. Foto Grans, Jung; Düsseldorf

Kastentruhe, Museum und Forum Schloss Homburg. Foto: Grans, Jung

Kastentruhe aus dem Nachlass eines Unternehmers

Februar 2023

Manche Schlüssel haben eine rein symbolische Bedeutung. Einen dieser Art, einen römischen Fingerringschlüssel, hat unser Kollege aus dem Schloss- und Beschlägemuseum Velbert im Januar vorgestellt. Die meisten Schlüssel haben jedoch einen praktischen Nutzen. Mit dem passenden Schlüssel und dem versteckten Schlüsselloch lässt sich die abgebildete Truhe aus dem Museum und Forum Schloss Homburg öffnen.

Die sogenannte flache Kastentruhe aus Fichtenholz steht auf Kugelfüßen und ist mit umlaufenden Endlosfriesen in Form liegender Achten versehen. Diese Stilistik verweist auf eine bergische Herkunft. Die Ornamente der Truhe lassen auf eine Entstehung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schließen.

Die Truhe stammt aus dem Familien-Besitz von Peter Kauert (1672 – 1750), dem Besitzer der ehemaligen Grube „15 Löwenpfähle“ in Engelskirchen-Kaltenbach. Seine Enkelin Elfriede Kauert aus Leichlingen berücksichtigte in ihrem Nachlass Schloss Homburg als Erbin. So kam die Truhe 1985 in den Besitz des Museums.

Peter Kauert war damals ein erfolgreicher Eisenerzpionier. Seine Rechte ließ er sich vom Verwaltungsvorgesetzten bestätigen und kennzeichnete sein Grubengebiet mit fünfzehn Pfählen ab, in denen der bergische Wappenlöwe eingebrannt war. Durch den Bau einer Wasseranlage konnte er Pumpen zum Entwässern der Gruben installieren und noch mehr Eisenerz fördern. Eine eigene Schmelzanlage zur Weiterverarbeitung in der eigenen Hütte erweiterten Kauerts Unternehmen. Seine Erfolge erzeugten Neid und Anschuldigungen. Bis zu seinem Lebensende musste er zahlreiche Klagen abwehren. Nach seinem Tod 1750 hinterließ er seinen Kindern ein stattliches Vermögen und schon zu seinen Lebenszeiten war er als der „reiche Kauert“ hochangesehen. 1863 wurde der Grubenbetrieb eingestellt und die Eisenschmelzhütte auf Abbruch verkauft.

Die Museumssammlung auf Schloss Homburg beherbergt zahlreiche Truhen. Aktuell sind eine Runddeckeltruhe von 1768 und eine Flachdeckeltruhe mit einem im Deckel aufwändig installierten Verschlusssystem zu sehen. Letztgenannte aus dem Jahr 1650 wurde als Kriegskasse verwendet. Die abgebildete Truhe mit der Inventarnummer 6019 befindet sich im Depot. Sie ist die einzige aus der Truhen-Sammlung, deren Herkunftsgeschichte uns annähernd bekannt ist.

Truhen dienten auch der Aufbewahrung von Aussteuer für junge Frauen. Sie waren häufig ein Hochzeitsgeschenk und beherbergten je nach sozialer Herkunft hochwertige Textilien, handgefertigtes Leinen oder andere Kleidungsstücke. Dies können wir an einem konkreten Beispiel im nächsten Monat vorstellen. Das LVR-Freilichtmuseum Lindlar verfügt über einen Ehevertrag der belegt, mit welchem „Vermögen“ Caroline Westhoff 1849 heiratete. Ihre große Anzahl an Kleidungsstücken transportierte sie sicherlich in einer Truhe.

Silke Engel, Museum und Forum Schloss Homburg

Römische Fingerringschlüssel aus dem Deutschen Schloss- und Beschlägemuseum Velbert

Römische Fingerringschlüssel aus dem Deutschen Schloss- und Beschlägemuseum Velbert

Römische Fingerringschlüssel

Januar 2023

Mit unserem ersten „Objekt des Monats“ 2023, einem Römischen Fingerringschlüssel aus dem Deutschen Schloss- und Beschlägemuseum in Velbert, schließen wir sinnbildlich unser drittes Themenjahr „Alles in Verbindung“ auf. In zwölf Kapiteln, die immer am Anfang eines Monats an dieser Stelle veröffentlicht werden, stellen wir Ihnen jeweils ein besonderes Objekt aus einem unserer 28 Netzwerkmuseen vor. Wir spannen einen roten Faden, der alle Objekte und ihre Geschichten in naheliegenden oder überraschenden Wendungen miteinander verbindet.

Der Fingerringschlüssel, eine besondere Form des Römischen Hebe-Schiebe-Schlosses, bei dem ein Schlüsselbart auf einen Ring aufgesetzt ist, wurde ausschließlich von Römerinnen am Finger getragen. Bei vielen dieser Schlüssel fällt allerdings auf, dass der Bart nur angedeutet und gar nicht funktional ist.

Ihren Ursprung finden diese Schlüssel im römischen Recht, wonach Frauen erst mit der Eheschließung Anrecht auf eigenen Besitz hatten. Dieser Besitz befand sich sicher verschlossen in der Mitgifttruhe, die vom Vater der Braut mit in die Ehe gegeben wurde. Den Schlüssel zu der Truhe bewahrte die Frau sicher bei sich auf. In Form eines Ringes konnte er zudem offensichtlich am Finger getragen werden, sodass die Frau offenkundig signalisieren konnte, dass sie verheiratet war.

Aus Gründen der Praktikabilität verloren die Schlüssel auf den Ringen im Laufe der Zeit ihre mechanische Funktion und behielten als symbolischen Verweis auf die Existenz einer Mitgifttruhe ihre Außenwirkung. Abgesehen von der mechanischen Verbindung, die Ringschlüssel zwischen der Trägerin und ihrem Besitz herstellen, standen sie als Hinweis auf die Ehe außerdem für die symbolische Verbindung zwischen zwei Menschen.

Auf heutigen Eheringen sucht man einen Schlüsselbart vergebens. Allerdings geht man davon aus, dass sie ihren traditionellen Ursprung in den römischen Fingerringschlüsseln haben.

Die große Bandbreite der römischen Schlüssel können Sie im Deutschen Schloss- und Beschlägemuseum erfahren und sogar selbst ausprobieren, wie sie funktioniert haben.

Von der symbolischen Bedeutung eines Schlüssels wenden wir uns in unserem 2. Kapitel einem Objekt eines Museums im südlichen Bergischen Land zu, das einen ganz praktischen Nutzen in der Verwahrung wertvoller Gegenstände hatte. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie hier im Februar.

Emmanuel Giagtzoglou, Deutsches Schloss- und Beschlägemuseum Velbert

Wasserrad Manuelskotten. Baumeister Ernst May - Sammlung Hartmut Schmahl

Wasserrad Manuelskotten. Baumeister Ernst May - Sammlung Hartmut Schmahl

Das Wasserrad des Manuelskotten

Dezember 2022

Das Objekt des Monats Dezember rundet im doppelten Sinn unser Themenjahr „Alles in Bewegung“ ab und erzählt noch einmal von stetiger Bewegung und Wandel.

Es handelt es sich um das Wasserrad des Manuelskotten in Wuppertal-Cronenberg. Das Wasserrad lässt sich nicht nur während der Besucherführungen in Aktion sehen. Es ist auch für Besucher*innen des Kaltenbachtals von außen her einsehbar. Es befindet sich auf der Gebäuderückseite und ist über den Damm erreichbar.

Mit einem Durchmesser von 5,60 Meter treibt es mit typischem Geräusch die großen Schleifsteine an. An denen wird immer noch gewerblich geschliffen. Dies erfordert, die Anlage nicht nur als Anschauungsobjekt sondern auch als aktiven Antrieb möglichst leistungsfähig zu erhalten.

Angetrieben wird das Wasserrad aus dem Kaltenbach, der zu einem großen Teich aufgestaut wird. Als sogenanntes oberschlächtiges Wasserrad wird es von oben her mit Wasser gespeist. Dieses füllt die Schaufeln und setzt das Rad durch die Schwerkraft in Bewegung. Die lange massive Holzachse überträgt die Bewegung ins Gebäudeinnere. Über ein Getriebe mit Transmission betreibt es bis zu drei große Schleifsteine, weitere Schleifgeräte und sogar einen Generator zur Stromerzeugung an.

Der Eiskasten mit Zulauf dient als Verbindung zwischen Teich und Rad. Er verhindert, dass in kalten Wintern Eis auf das Wasserrad gelangen kann. Er beherbergt neben der grundsätzlichen Möglichkeit, den Zulauf des Wassers durch einen Schieber zu steuern, das Regulierschott des Fliehkraftreglers.

Durch die Regulierung mit dieser an Wasserrädern ungewöhnlichen Lösung wird ein optimaler Schliff ohne Überhitzung des Schleifgutes gewährleistet, indem die Geschwindigkeit der Anlage ständig und automatisch mit dem Wasserzulauf am Wasserrad abgeglichen wurde. In anderen Anlagen geschieht dies zumeist durch händisches Nachregeln am Schieber. So wird auch einem eventuellen Zerbersten der bis zu 3 Tonnen schweren Steine mit ihren bis zu 2,8 Metern Durchmesser durch überhöhte Geschwindigkeit vorgebeugt.

Mehr zum Manuelskotten und den Besuchsmöglichkeiten erfahren Sie auf der Webseite www.manuelskotten.de.

Das Wasserrad des Manuelskotten, Wuppertal-Cronenberg. Mit Material von Kurt Hummel, Enno Hungerland und Frank Sonnenberg, Zusammenstellung und Schnitt: Georg Jürgens (georg juergens. designer | kuenstler | schmied (georg-juergens.com)


Ab Januar 2023 setzen wir unsere Reihe „Objekt des Monats“ fort, die dann unter dem Motto unseres dritten gemeinsamen Themenjahres „Alles in Verbindung“ steht.

Elfenbeinkästchen Vorderseite, Schloss Burg

Elfenbeinkästchen Vorderseite, Schloss Burg

Elfenbeinkästchen, 12. Jahrhundert

November 2022

Bei dem Objekt des Monats November handelt es sich um ein Elfenbeinkästchen aus der Sammlung von Schloss Burg. Das Kästchen ist 10 cm hoch, 19 cm breit, 11,5 cm tief und wird auf das 12. Jahrhundert datiert.

Das Kästchen besitzt ein rechteckiges, kastenförmiges Unterteil. Der Deckel besteht aus vier abgeschrägten Seiten mit einem Deckelgriff. Alle Teile dieses Kästchens sind aus einzelnen, ineinander verzapften Elfenbeinscheiben zusammengefügt. Zudem sehen wir an den Ecken reiche feuervergoldete, in „Spitzkuppeln“ auslaufende Bronzebeschläge. Während der linksseitige Griff noch vorhanden ist, fehlt der rechte leider. Auf allen Seiten des Deckels finden wir ornamentale Bemalung in Schwarz, die aufgrund des Alters schon etwas verblasst sind. Auf der Rückseite sehen wir ein Motiv aus gegenständigen Vögeln.

Über die Herkunft des Objektes lässt sich leider nur spekulieren. Vermutet wird, dass es in Sizilien hergestellt oder gehandelt wurde. Die Insel war im 12. Jahrhundert ein Zentrum für den Handel und die Herstellung von außergewöhnlichen Kunstwerken. Dazu gehörten auch zahlreiche, sehr wertvolle, Elfenbeinschnitzereien.

Doch wie kam unser Kästchen nun ins Bergische Land? Ein möglicher Grund könnte die Reiselust der frühen bergischen Grafen gewesen sein. Viele Mitglieder der Familie Berg unternahmen lange Reisen und nahmen zum Teil auch an den Kreuzzügen teil, so u.a.: Adolf von Berg, gestorben 1148 im zweiten Kreuzzug vor Damaskus; Engelbert von Berg, starb 1189 im dritten Kreuzzug in Kubin (Serbien) und Graf Adolf III., der im dritten Kreuzzug vor Damiette in Ägypten starb.

Gut möglich also, dass einer von ihnen (oder eine Person aus ihrer Reisegruppe) dieses Kästchen mitgebracht hat. Auch über den Verwendungszweck kann man nur raten. Für Urkunden oder ähnlich wichtige Schriftstücke ist es wohl zu klein. Vermutlich wurden Schmuckstücke oder eventuell auch Reliquien darin verwahrt.

Doch auch für einen weiteren Aspekt der Geschichte ist dieses Kästchen ein sehr gutes Beispiel, und zwar für den kulturellen Import, der insbesondere während der Zeit der Kreuzzüge stattfand. Die Gier der Kreuzfahrer nach Reichtum und Schätzen sorgte nicht nur dafür, dass viele Kunstschätze und Reliquien geraubt und nach Europa gebracht wurden, sondern auch dafür, dass die Krieger neue Erkenntnisse und Wissen mitbrachten. Hieraus entwickelte sich nach und nach ein reger Austausch zwischen Ost und West.

Drechselbank "Solid"

Halbautomatische Drechselbank „Solid“

Oktober 2022

Bei unserem Objekt des Monats Oktober handelt es sich um eine halbautomatische Façon (frz. Form)-Drechselbank, namens „Solid“.

Eine Drechselbank ist eine Maschine, bei der Mittels Rotation ein Werkstück in runde Form (in unserem Fall für einen Griff für einen Beitel) gebracht wird. Dazu wird ein längliches quadratisches Holzstück zwischen Spindel- und Reitstock eingespannt und in Rotation versetzt. Nun kann der Arbeiter, mit Hilfe verschiedener Beitel oder Meißel, das Werkstück in die gewünschte Form bringen. So entstehen Griffe für z.B. Beitel, die Hefte genannt werden. Aber nicht nur Hefte für Beitel können so hergestellt werden, sondern auch Griffe für die unterschiedlichsten Werkzeuge, wie z.B. Schraubendreher.

Das Besondere an dieser Drechselbank (Deutsches Reichspatent 1929) ist, dass eine Schablone, die unserer Drechselbank auch ihren Namen gibt, eingespannt werden kann: An dieser Schablone fährt später der Führungsstift die Kontur der Schablone nach und überträgt diese auf den Meißel. Dieser drechselt nun das eingespannte Holzstück ab und bringt es in die gewünschte Form.

Auf diese Weise konnten viele verschiedene Heftformen in kürzester Zeit hergestellt werden. Wenn die Maschine richtig eingestellt und die passende Schablone, nach der das Heft geformt werden sollte, am vorderen Teil der Maschine angebracht war, musste der Arbeiter nur noch ein passendes Holzstück einsetzen und den großen Hebel an der rechten Seite betätigen. Das Übertragen der Form auf das Heft erfolgte nun automatisch. Nach diesem Schritt werden zwei Meißel herangeführt, die das Heft vorne und hinten abstechen und dadurch das fertige Heft zu Boden fällt. Die Maschine war nun wieder sofort bereit, von vorne zu beginnen und ein neues Heft zu bearbeiten. Somit war die Drechselbank bereits auf eine industrielle Massenproduktion ausgelegt.

Angetrieben wurde die Drechselbank ursprünglich durch eine externe Krafteinheit, einem zentral stehenden Motor, dessen Kraft über einen Lederriemen auf eine Transmissionsachse übertragen wurde. Von dort wurden durch weitere Lederriemen neben unserer Drechselbank auch weitere Maschinen in der Produktion in Bewegung gesetzt. Im Laufe ihrer Dienstzeit wurde ihr Antrieb aber durch einen separaten Elektromotor der Firma Kromberg & Schubert (kurz Kroschu genannt) aus Barmen-Remscheid (heute Wuppertal) mit einer Leistung von 1,5 PS und einer Umdrehungszahl von bis zu 2800 pro Minute ersetzt.

Zurzeit ist die Drechselbank in der Sonderausstellung „Beitel – scharf & geschlagen Holzbearbeitungswerkzeuge mit Herkunftsnachweis“ im Deutschen Werkzeugmuseum in Remscheid zu sehen.

Fotos: Deutsches Werkzeugmuseum Remscheid

Detail der Drechselbank „Solid“. Foto: Deutsches Werkzeugmuseum
Mausefalle Fa Benders, Foto Maxx Hoenow

Mausefalle Fa Benders, Foto Maxx Hoenow

Mausefalle der Fa. Benders – Patent von 1897

September 2022

Die Falle besteht aus einer Vorrichtung mit Falltürchen, Kletter-Schacht und Wasserglas. Die Maus wird durch einen Köder angelockt. Sie betritt den Eingangsbereich der Falle und löst mit ihrem Eigengewicht über eine kleine und dünne Blech-Wippe den Verschließmechanismus aus. Das Türchen fällt zu, die Maus sitzt in der Falle. Die Maus hat keinen Ausweg, als durch einen Gitterschacht nach oben zu klettern. Dort rutscht sie dann durch eine Wippe aus Blech in einen Wasserbehälter und ertrinkt im Wasser. Indem die Maus über das Blech rutscht, wird durch einen Bügel die Eingangstür wieder geöffnet, so dass eine weitere Maus hereinschlüpfen kann.

Die Falle war, auch dank der geruchsneutralen „Entsorgung“ der Maus, überaus beliebt und galt viele Jahre als Verkaufsschlager. In den 1970er Jahren rief diese „Tötungsmaschine“ allerdings den Tierschutz auf den Plan. Der qualvolle Tod widersprach den Tierschutzgesetzen. Die Falle wurde daraufhin verboten.

Die Mausefalle ist zu sehen im Heimatmuseum Bergneustadt, täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr.


In der Werbeanzeige (siehe Abbildung) heißt es:

„Die in den meisten Culturstaaten patentirten automatischen Ratten- u. Mausefallen. Patent Bender. (Nicht zu verwechseln mit den sogenannten „Automatischen Massenfängern“) sind eine großartige, unübertroffene Erfindung der Neuzeit und besitzen einen Weltruf. Der Preis ist den großen Erfolgen gegenüber nur ein geringer zu nennen! Wer eine solche Falle besitzt, kann sie nicht mehr entbehren, um das gräßliche Ungeziefer, das in den Behausungen großen Schaden anrichtet, dauernd zu beseitigen. Die Falle darf nie ausgewaschen werden, denn je mehr Geruch der Thiere vorhanden ist, desto lieber gehen sie in die Falle. Dieselben fangen fortwährend, ohne jedesmal gestellt zu werden und töten sofort. Volle Garantie für Fangsicherheit. Preis der Mausefallen nur 3 Mark. Preis der Rattenfallen nur 16 Mark. Versandt gegen Nachnahme, oder im Inland franco, wenn vorherige Einsendung des Betrags. C.A. Hollingshaus, Eltville a. Rh. Wiederverk. erhalt. hohen Rabatt. Nur echt, wenn mit Stempel „Patent Bender“ versehen.“

Werbeanzeige für die patentierten, automatischen Ratten- und Mausefallen, Patent Bender.
Werbeanzeige für die patentierten, automatischen Ratten- und Mausefallen, Patent Bender. Foto: Heimatmuseum Bergneustadt

Heimatmuseum Bergneustadt