David Uessem, abgeschminkt – removed, Öl auf Leinwand, 2009, Inv.-Nr. KS172. © Museum und Forum Schloss Homburg

#GenauGeschaut 5: Die Porträtsammlung auf Schloss Homburg

Oktober 2024

Was sagt das Aussehen – oder ein Bild davon – über einen Menschen? Kann das Bild einer Person dem Betrachter etwas über seine Eigenschaften, seinen Charakter und seine Identität erzählen – und wenn ja, wie? Welche Rolle hat dabei der inszenierende Künstler oder die Künstlerin?

Das Porträt ist allein schon aufgrund dieser Fragestellungen für mich einer der spannendsten kunsthistorischen Themenkomplexe. Seit Jahrhunderten fertigen Menschen Porträts an und halten von Staatsoberhäuptern bis zu eigenen Familienangehörigen ihre Mitmenschen im Bild fest. Dabei war es oft die Aufgabe des Porträts, die dargestellten Personen trotz physischer Abwesenheit, anwesend erscheinen lassen – sie stellvertretend durch ihr Bildnis zu vergegenwärtigen, sie zu repräsentieren oder an sie zu erinnern.

Die Sammlung des Museum und Forum Schloss Homburg umfasst eine Vielzahl an Porträts, die von bereits verstorbenen, eher unbekannten Mitmenschen, bis hin zu überregional bekannten Zeitgenossen reicht. Eine besondere Künstlerin der Sammlung ist die aus Gummersbach stammende Malerin Adeline Jäger (geb. 1809 als Adeline Heuser, gest. 1897 in Oberkassel). In unserer Sammlung befinden sich viele Gemälde der Künstlerin, die oft Angehörige und Personen aus ihrem privaten Umfeld porträtierte. Adeline Jäger ist jedoch nicht nur für ihr Talent bemerkenswert, sondern auch für ihren mutigen Werdegang.

Für Frauen war es zu Adeline Jägers Lebzeiten im 19. Jahrhundert nicht selbstverständlich, überhaupt als Künstlerin arbeiten zu können – Künstler waren damals vor allem Männer. Doch die talentierte Gummersbacherin setzte sich durch, studierte als eine von wenigen Frauen damals an der renommierten Düsseldorfer Kunstakademie und wurde eine angesehene Künstlerin. Fünf Werke der Malerin sind aktuell auf Schloss Homburg ausgestellt.

Ausstellungsansicht der Sammlungspräsentation im Museum und Forum Schloss Homburg mit Werken der Gummersbacher Malerin Adeline Jäger, Inv.-Nr. 4700, Inv.-Nr. 5076, Inv.-Nr. 6034a, Inv.-Nr. 2019/31, Inv.-Nr. 2019/32. © Museum und Forum Schloss Homburg, Foto: Oliver Kolken

In direkter Nachbarschaft präsentieren wir derzeit ein Werk, das eine spannende Position in der Porträtkunst darstellt: Das 2009 entstandene Ölbild „abgeschminkt – removed“ des Künstlers David Uessem (geb. 1981 in Engelskirchen). Wie Uessem reflektieren vor allem im 20. und 21. Jahrhundert viele Künstlerinnen und Künstler in ihren Werken die Möglichkeiten und Grenzen des Porträts. Obwohl deutlich ein menschliches Gesicht auf Uessems Gemälde dargestellt ist, entzieht es sich dem Betrachter – fast so, als würden wir die letzten Momente erleben, bevor es sich in nichts als Farbe auflöst. Oder löst sich gar nicht das Gesicht auf, sondern nur die es verfälschende und titelgebende Schminke, unter der das wahre Gesicht verborgen liegt?

Gegenüber Jägers Porträts, die die Personen so naturgetreu wie möglich darstellen zu wollen scheinen, erhalten wir von dem Gesicht in Uessems Werk nur eine Ahnung, es entzieht sich dem Betrachter, als ob es fragen würde, wie viel wir glauben sehen zu müssen, um eine Aussage über jemanden machen zu können.

Janina Leferink-Augustat, Museum und Forum Schloss Homburg