Der Müllershammer aus Lindlar-Oberleppe

Ausstellung „Textile Wege“ im Müllershammer, Foto: Stefan Arendt / LVR-ZMB

Der Müllershammer aus Lindlar-Oberleppe

Juni 2020

Der Müllershammer aus Lindlar-Oberleppe wurde um 1800 als wasserbetriebenes Hammerwerk erbaut. Der Niedergang des metallverarbeitenden Gewerbes im Oberbergischen führte zu einem wiederholten Funktionswandel des Gebäudes. 1848 zunächst um eine Öl- und Knochenstampfmaschine erweitert, erlebte das Hammerwerk 1884 einen erneuten Nutzungswandel mit der Einrichtung einer Lumpenreißerei für die Textilindustrie. Aus den gerissenen Textilien entstand die sogenannte Kunst- oder Reißwolle. Naheliegende Spinnereien und Webereien fertigten daraus preiswerte Garne und Stoffe einfacher Qualität.

Mit der Anschaffung einer Dampfmaschine 1892 und dem Einbau einer Wasserturbine um 1905 erhöhte sich die Produktivität der Lumpenreißerei erheblich. Um 1900 arbeiteten bis zu 20 Personen – vor allem schlecht bezahlte Frauen und Jugendliche – in dem Betrieb. Bei der Lumpenaufbereitung handelt es sich um manuelle und chemische Prozesse, die für die Beschäftigten gesundheitsgefährdend waren. Auch die Umwelt litt unter diesen Verfahren. Innerhalb kurzer Zeit verwandelte sich die Leppe von einem klaren Gewässer in eine stinkende Kloake.

Mit Unterstützung des Vereins der Freunde und Förderer des Bergischen Freilichtmuseums Lindlar e.V. konnte das vom Einsturz bedrohte Gebäude im Museum wiederaufgebaut werden. Heute beherbergt der Müllershammer die Ausstellung „Textile Wege“, die sich mit der Verwertung von Altkleidern auseinandersetzt.

Der Müllershammer aus Lindlar-Oberleppe
Der Müllershammer im LVR-Freilichtmuseum Lindlar, Foto: Stefan Arendt / LVR-ZMB

Die Ausstellung thematisiert die vielfältigen Verarbeitungswege aussortierter Textilien von 1890 bis in die Gegenwart. Dabei spielen nicht nur die unterschiedlichen Formen des textilen Recyclings eine Rolle, sondern auch der Umgang mit unseren Ressourcen. Schon lange tragen wir keine Kleidung mehr auf; Flicken, Stopfen und Umnähen sind weitestgehend in Vergessenheit geratene Praktiken. Was beschädigt ist, nicht mehr passt, nicht mehr gefällt oder nicht
mehr der Mode entspricht, wird aussortiert.

Die Menge der jährlich in Deutschland zu recycelnden Textilien beträgt so rund 750.000 Tonnen. Damit sind die Deutschen europäischer Spitzenreiter. Die Ausstellung soll daher auch zum Nachdenken über den eigenen Umgang mit Textilien anregen.

Kleiner Tipp: Unter dem Begriff Upcycling lassen sich viele Ideen und Anleitungen zum kreativen Wiederverwerten und Aufarbeiten von aussortierter Kleidung finden.

Marie Kramm