Auch in Remscheid wurde und wird die bergische Kaffeetafel zelebriert und dafür die Dröppelmina benötigt – zuerst importiert und später vor Ort hergestellt. Doch der Schwerpunkt des Handels lag hier auf dem Werkzeug.
Es wurde so viel Werkzeug in die ganze Welt verhandelt, dass Remscheid den Beinamen „Seestadt auf dem Berge“ erhielt. Bereits um 1800 besaß in Remscheid mindestens das Handelshaus P.J. Diederichs und Söhne eine Flotte von rund zwanzig seefähigen Schiffen!
Hiermit wurden die Weltmeere befahren und Werkzeuge nach Afrika, Amerika oder Australien geliefert. Nur so war es möglich, die Nachfrage nach den hervorragenden Werkzeugen zu decken. Für deren Herstellung war die bergige Region perfekt, für diesen Handel nicht. Er war aber so bedeutend, dass die Stadt diesen Titel bekommen hat.
Hier einige Beispiele für die Ziele: Boston, Philadelphia, Baltimore, Havanna, Bahia, Afrika und Australien. In einigen Ländern wurden sogar Niederlassungen eingerichtet. Das Exporthaus Hasenclever: 1830 Rio de Janeiro, 1835 Buenos Aires, 1904 New York oder Robert Böker in Mexico Stadt (als eigenständige Firma).
Die Zulieferung erfolgte per Esel, Karren, Kutsche oder kleiner Boote über Wupper und Rhein, um dann in den Häfen der Nordsee auf die großen seefähigen Schiffe umgeladen zu werden. Die Wetterfahne zeugt von diesem regen Exporthandel der Remscheider Kaufleute im 19. Jahrhundert. Sie stammt von dem Kaufmannshaus Graber in Remscheid-Goldenberg.
Sie finden dieses besondere Objekt in der Handelsabteilung des Deutschen Werkzeugmuseums in Remscheid. Hier sehen Sie, welchen Aufwand die damaligen Händler getrieben haben, um die Werkzeuge in der ganzen Welt zu verkaufen – drei Wochen Schiffsreise beispielsweise nach Afrika, alle Musterstücke in großen Koffern dabei, dann im Land ohne Infrastruktur per Eisenbahn, Kutsche oder Auto zu den Kunden und so weiter und so weiter. Aber die Remscheider Händler und die Werkzeuge waren und sind auf der ganzen Welt vertreten.
Fotos und Text: Dr. Andreas Wallbrecht, Deutsches Werkzeugmuseum
Passend zu den Reisemonaten des Sommers beschäftigt sich unser nächstes Objekt des Monats noch etwas genauer mit dem wichtigsten Accessoire: dem Koffer. Jeder erzählt eine einzigartige Geschichte, von exotischen Reisezielen und unerwarteten Begegnungen bis hin zu unvergesslichen Momenten. Ein bergisches Museum kann darüber besonders viel berichten.